Die Zukunft ist weiblich: Was heißt das für Ihre Produkte, Services & Kommunikation? Auf den ersten Blick könnte dieses Statement den einen oder anderen provozieren und auch die geringe Männerquote bei den Teilnehmern des Exklusivkreises Innovative Marketingtechniken am 21. Oktober 2013 mag darauf hinweisen. Allerdings geht es dabei gar nicht um besser oder schlechter. Vielmehr betrifft es die Sensibilisierung hinsichtlich der Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Frauen und Männern und damit die Frage: Was heißt das für Ihre Produkte, Services & Kommunikation? Unstrittig dürfte sein, dass die überwiegende Anzahl der Kaufentscheidungen von Frauen getroffen wird und das nicht nur bei Parfums und FMCG (Fast Moving Consumer Goods) sondern auch bei Elektronik und Autos. Wer wird hingegen bei Pärchen im Autohaus angesprochen? Diese Frage von Gabi Lück, Geschäftsführerin der thinknewgroup, war wohl eher rhetorisch gemeint. Hier liegt ein immenses Potenzial brach. Frauen sind überwiegend anspruchsvolle Kaufentscheider und nicht nur aufgrund steigender Bildungsgrade und die damit einhergehenden höheren Einkommen für die Wirtschaft attraktiv. Eine hohe Treue sowie ihre Eigenschaft als Multiplikatoren unterstreichen die Bedeutung. Wie sieht es jedoch in der Unternehmenslandschaft aus? Bedürfnisse der Frauen scheinen nicht genügend berücksichtigt zu werden. Sehnsucht nach Liebe, Wellbeing, Sinn und Verantwortung sind nur einige Schlüsselthemen, die sich bei richtiger kommunikativer Ansprache positiv auf den Umsatz auswirken können. Luxus beispielsweise wird nicht mehr plakativ dargestellt sondern vielmehr als Erfahrung, als immaterielles Geistesgut. Bei Louis Vuitton wird das Produkt zum ”Beiwerk“ und das Gefühl des Erfahrens steht Mittelpunkt, Bulgari besinnt sich auf Philanthropie und Marken wie Calgonit betonen das Wir-Gefühl. Dabei sind Gender-Codes überall und Produkte selten geschlechtsneutral. Die Herausforderung für Unternehmen besteht u.a. darin, sich dieser bewusst zu werden, Potenziale zu erkennen und Brücken zu bauen, wie es beispielsweise L‘Oréal geschafft hat, als erste Marke Männern „Kosmetik“ zu verkaufen. Auch Nivea pflegt eine abgegrenzte Männer-Website. Das Wissen um die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Geschlechter bis zur Einbindung im Marketing-Mix ist eine Spezialdisziplin. Hier die Lösung in einer reinen Frauenabteilung im Marketingzu sehen, sei zu kurz gedacht. Die Grundproblematik ist mangelndes Gender-Wissen. Über 90% der Frauen, so Lück, fühlen sich von Werbung nicht verstanden oder relevant angesprochen, auch das Kreieren pinkfarbener oder strassbesetzter Produkte sei nicht zielführend. Apple hingegen synchronisiert männliches und weibliches Zielpublikum, Bosch ist mit seinem 300 Gramm leichten Akkuschrauber erfolgreich. In der ganzen Diskussion ist aber auch der Kaufentscheidungsprozess an sich zu beachten: Sieht dieser bei Männern linear aus und ist objekt- bzw. dingorientiert, so ist der Prozess bei Frauen deutlich komplexer ausgeprägt. Empathie und Menschenzentriertheit führen zu einem holistisch interpretierenden Informationsverarbeitungsstil. Es geht also um das Wissen der Zusammenhänge, der Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Werden diese Punkte berücksichtigt, so zeigt sich ein klarer Wettbewerbsvorteil. Text und Fotos: Dr. Markus Bayrle
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